Tag: 5. Januar 2009

Nazim Hikmet

Gepostet am Aktualisiert am

Heute ist Sonntag

Heute haben sie mich das erste Mal
in die Sonne hinausgelassen.
Ich bin das erste mal in meinem Leben
so sehr verwundert darüber
das der Himmel so sehr weit weg von mir ist
so sehr blau ist
so sehr großflächig ist
ohne mich zu rühren stand ich da.

Danach setze ich mich mit Ehrfurcht auf die Erde, meinen Rücken lehnte ich an die Wand.
In diesem Moment dachte ich weder an
das Fallen der Wellen,
noch an Streit,
noch Freiheit, noch an meine Frau.

Die Erde, die Sonne und ich…
Ich bin überglücklich…

Nazim Hikmet (1902-1963)

Ein Gedicht von Elli Michler

Gepostet am Aktualisiert am

Wo du geliebt wirst…

Wo du geliebt wirst,
kannst du getrost alle Masken ablegen,
darfst du dich frei und ganz offen bewegen.
Wo du geliebt wirst,
zählst du nicht nur als Artist,
wo du geliebt wirst,
darfst du so sein, wie du bist.
Wo du geliebt wirst,
mußt du nicht immer nur lachen,
darfst du es wagen, auch traurig zu sein.
Wo du geliebt wirst,
darfst du auch Fehler machen
und du bist trotzdem nicht häßlich und klein.
Wo du geliebt wirst,
darfst du auch Schwächen zeigen
oder den fehlenden Mut,
brauchst du die Ängste nicht zu verschweigen,
wie das der Furchtsame tut.
Wo du geliebt wirst,
darfst du auch Sehnsüchte haben,
manchmal ein Träumender sein,
und für Versäumnisse, fehlende Gaben
räumt man dir mildernde Umstände ein.
Wo du geliebt wirst,
brauchst du nicht ständig zu fragen
nach dem vermeintlichen Preis.
Du wirst von der Liebe getragen,
wenn auch unmerklich und leis.

Elli Michler

3 Affen

Gepostet am Aktualisiert am

Drei Affen

Der Mensch in seiner Grausamkeit
sieht weg, wenn einer grausam schreit;
er glaubt, dass, was man hört und sieht,
ihm so nicht selber noch geschieht!

Der Mensch ist feige und verhalten
und will sein Leben so gestalten,
dass er in Ruhe ungestört,
nicht fremdes Leiden sieht und hört!

Der Mensch als solcher ist betroffen
und auch für alles Übel offen,
wenn er den Abstand sicher wahrt
vor jedem bösen Attentat!

Der Mensch vergisst, was Leiden heisst,
wenn gutgelaunt er Runden schmeisst;
er säuft, bis sein Gewissen denkt,
dass alles sich von selbst einrenkt!

Der Mensch ist ein Charakterschwein
und steht damit total allein
in seiner stummen Lügenwelt,
die er mit Furcht zusammenhält!

Der Mensch in seiner Grausamkeit,
der selbst einmal vor Schmerzen schreit,
schreit gern nach Gott – und ist empört,
wenn dieser Gott…

…ihn auch nicht hört!

————————————-

Autor; Klaus-D. Heid